„Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung“ –
Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen – BR-Drs. 135/22

Der Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen (BDVR), der die berufsständischen Interessen von 80 % der aktiven Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter in Deutschland vertritt, nimmt den vom Land Nordrhein-Westfalen vorgelegten Entwurf zum Anlass, zu kritischen Punkten der geplanten Änderungen Stellung zu nehmen.

THEMA

Vollstreckung gegen Träger der öffentlichen Verwaltung

AUTOR

Dr. Robert Seegmüller
(Vorsitzender)

VERÖFFENTLICHT AM

15. Juni 2022

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Der BDVR begrüßt den Ansatz des Entwurfs, die Regelungen der Verwaltungsgerichtsord-nung zur Vollstreckung gegen Träger der öffentlichen Verwaltung zu reformieren und weiterzuentwickeln, greift dies doch rechtspolitische Forderungen des BDVR, die dieser bereits am 10. September 2021 aufgestellt hat, dankenswerter Weise auf. Gleichwohl ist festzustellen, dass der Gesetzentwurf an entscheidenden Punkten leider halbherzig bleibt und so sein sachlich begründetes Ziel – eine wirkungsvollere Durchsetzung verwaltungsgerichtlicher Ent-scheidungen zu ermöglichen – auf der Strecke zu bleiben droht. Dies liegt darin begründet, dass in dem Gesetzentwurf die Fälle einer notwendigen Vollstreckung gegen Hoheitsträger allzu sehr marginalisiert werden und dadurch dem Gebot eines rechtzeitigen, konsequenten gesetzgeberischen Handelns nicht genügt wird.

Dies betrifft insbesondere die Begrenzung des in § 172 Abs. 1 VwGO-E (Nr. 5 des Entwurfs) zur Durchsetzung von vollstreckbaren Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten vorgesehenen Zwangsgeldes auf 25.000 Euro. Die vorgeschlagene Erhöhung erweist sich als zu gering, um damit den Verwaltungsgerichten tatsächlich ein effektiveres Beugemittel gegen den Staat als Hoheitsträger an die Hand zu geben. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderung, dass die Beteiligten als Begünstigte des Zwangsgeldes ausgeschlossen werden. Der zur Rechtfertigung herangezogene Vergleich zum zivilpro-zessualen Vollstreckungsrecht in § 888 Abs. 1 Satz 2 ZPO überzeugt nicht. In den Fällen des § 172 VwGO-E handelt es sich im Verhältnis zu den Regelungen der ZPO um nicht vergleichbare Vollstreckungsschuldner, die entweder von der Verpflichtung zur Zahlung eines Zwangsgeldes persönlich betroffen sind oder die unmittelbar selbst zur Verantwortung gezogen werden. Um Behörden, die sich einer Befolgung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung verweigern, die Ernsthaftigkeit der Konsequenzen ihrer Haltung vor Augen zu führen, bedarf es daher eines über den Vorschlag deutlich hinausgehenden wirksameren Zwangsmittels für das Vollstreckungsgericht. Der BDVR hat sich deshalb bereits in seinen rechtspoli-tischen Forderungen vom 10. September 2021 für die Anhebung des höchst zulässigen Zwangsgeldes auf 100.000 Euro ausgesprochen.

Dr. Robert Seegmüller
(Vorsitzender)

Berlin, den 15. Juni 2022