Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung zur Novellierung der Bundeslaufbahnverordnung
Der Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen (BDVR) bedankt sich für die Übermittlung des Entwurfs einer Verordnung zur Novellierung der Bundeslaufbahnverordnung (Bearbeitungsstand: 01.09.2025 13:38). Folgende Aspekte sind nach Ansicht des BDVR bei dem Neuerlass der Bundeslaufbahnverordnung zu bedenken:
Die Frage, ob derzeit eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage besteht, dürfte auch für die vorgesehene Regelung zur fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen (§ 41 BLV-E) gelten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2025 – 2 VR 4.24 – NVwZ 2025, 604 Rn. 46). Auch insoweit könnte der nachträgliche Erlass einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigung den Mangel nicht beheben (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2023 – 2 C 18.21 – BVerwGE 178, 201 Rn. 16).
Bedenken bestehen auch hinsichtlich der für die Stellenausschreibungspflicht vorgesehenen Regelungen. Die ausreichende Kenntnis vom Auswahlverfahren und von dessen Ausgang ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die zentrale und unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgende Anforderung an das Verwaltungsverfahren, um effektiven Rechtsschutz im beamtenrechtlichen Konkurrentenverfahren bieten zu können (vgl. bereits BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. September 1989 – 2 BvR 1576/88 – NJW 1990, 501 und vom 9. Juli 2007 – 2 BvR 206/07 – NVwZ 2007, 1178). Wird ein möglicher Bewerber an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert, entfällt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die mit der Ernennung grundsätzlich verbundene „Ämterstabilität“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 2 A 5.18 – BVerwGE 164, 84 Rn. 25 ff. m. w. N.). Der Verzicht auf eine Stellenausschreibung wirft daher in rechtssystematischer Hinsicht Fragen auf. Er birgt zudem praktische Risiken.
Vor diesem Hintergrund wird zunächst angeregt, die Pflicht der öffentlichen Stellenausschreibung bei Einstellungen deutlicher zu machen und insbesondere klarzustellen, dass in diesem Fall − also bei der Einstellung − die in § 4 Abs. 2 und 3 BLV-E vorgesehenen Ausnahmemöglichkeiten nicht gelten. Hinreichende Rechtfertigungsgründe dafür, bei der Einstellung von einer Ausschreibung abzusehen, dürften nicht gegeben sein (vgl. hierzu auch bereits StGH Bremen, Entscheidung vom 22. Dezember 1992 – St 5/91 – NVwZ-RR 1993, 417 Rn. 28). Angesichts des Umstands, dass hier der potentielle Bewerberkreis nicht von vornherein auf Behördenangehörige o.ä. begrenzt ist, dürfte ein Absehen von der Ausschreibungspflicht − wie dargestellt − auch zum Durchbruch der Ämterstabilität führen.
Die in § 4 Abs. 3 BLV-E vorgesehene Ausnahmemöglichkeit überlässt die Entscheidung im Ergebnis dem Spielraum der Behörde. Derartige Regelungen sind im Hinblick auf die erforderliche Rechtssicherheit und zur Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes problematisch. Sie könnten auch das für eine abstrakt-generelle Regelung erforderliche Mindestmaß inhaltlicher Vorgaben unterschreiten. Dies gilt insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass bereits die gesetzliche Ermächtigung in § 8 Abs. 1 Satz 3 BBG keine inhaltliche Vorgaben enthält.
Die in § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BLV-E vorgesehenen Ausnahmefälle erscheinen ebenfalls weitgehend. So ist nicht ersichtlich, warum für die genannten Behörden nicht auch externe Bewerbungen möglich sein sollten. Es dürfte im Interesse der optimalen Ämtervergabe liegen, die Bewerbung von Beamten der Länder oder in anderen Funktionen tätigen Beamten (wie etwa in Behörden oder Institution der Europäischen Union) zu ermöglichen und das Bewerberfeld nicht von vornherein − durch die fehlende Kenntnis von der beabsichtigten Stellenvergabe − zu verengen.
Bedenken begegnen auch die zugunsten von Beamten, die zur Ausübung einer Tätigkeit bei einer Fraktion beurlaubt sind, vorgesehenen Bestimmungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts obliegt die Aufgabe der dienstlichen Beurteilung dem Dienstherrn. Zuständig ist daher grundsätzlich der Behördenleiter; dieser kann die Aufgabe zwar auf andere Vorgesetzte des zu Beurteilenden delegieren, er hat dabei indes den sachlichen Zusammenhang dieser Aufgabe mit der Wahrnehmung der Dienst- und Fachaufsicht zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 – 2 A 4.15 – NVwZ 2016, 1648 Rn. 21 f.). Wer nicht dienstrechtlich Vorgesetzter des Beamten ist, kann diesem auch keine Weisungen erteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 2 C 24.13 – BVerwGE 150, 366 Rn. 34). Die in § 40 Abs. 3 Satz 1 vorgesehene Beurteilung durch die Fraktion dürfte diesen Anforderungen nicht entsprechen. Auch für die in § 40 Abs. 3 Satz 2 BLV-E vorgesehene Befreiung von den in § 59 Abs. 2 BLV-E vorgegebenen Quoten dürfte problematisch sein. Die Regelung verschärft die bereits zu § 40 Abs. 3 Satz 1 BLV-E erläuterten Probleme, weil eine nicht dienstherrenfähige Vereinigung dienstliche Beurteilungen erstellen soll, für welche die ansonsten verbindlichen Richtwertvorgaben nicht gelten.
Hinsichtlich weiterer Punkte werden im Hinblick auf die gesetzte Äußerungsfrist nur einzelne Aspekte schlaglichtartig benannt:
Die in § 2 Abs. 8 BLV-E benannte Definition schließt Veränderungen, die sich ohne Verleihung einer anderen Amtsbezeichnung ergeben, aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 – 2 C 13.16 – NVwZ-RR 2017, 701 Rn. 15 f.). Die „Beförderung“ eines Ministerialrats aus der Besoldungsgruppe A 16 in diejenige aus B 3 ist damit nicht erfasst. Ein Sachgrund hierfür ist nicht erkennbar.
Das in § 5 Abs. 1 BLV-E benannte Mindestmaß wirft Fragen auf. Wie sich diese Eingrenzung etwa mit dem Erfordernis einer „vollen Verwendbarkeit“ von Bewerbern für den Polizeidienst (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2025 – 2 C 4.24 – NVwZ 2025, 1017 Rn. 12) verhält, bleibt offen.
Unklar erscheint auch, welche Bedeutung einer Anerkennung des Bundespersonalausschusses (§ 8 Abs. 2 BLV-E) zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2015 – 2 C 35.13 – BVerwGE 152, 68 Rn. 20). Im Interesse der Rechtssicherheit erscheint eine Klarstellung der Regelungswirkung geboten.
Im Hinblick auf die in § 34 Abs. 1 BLV-E vorgesehene Möglichkeit der Einstellung in ein Beförderungsamt ist zunächst unklar, ob hiermit nur die Einstellung in das erste Beförderungsamt ermöglicht werden soll oder eine generelle Freistellung vom hergebrachten Grundsatz des beamtenrechtlichen Laufbahnprinzips (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2024 – 2 VR 0.23 – BVerwGE 182, 59 Rn. 31 m. w. N.) gedacht ist. Unklar ist weiterhin, wie der „individuelle fiktive Werdegang“ zu bestimmen ist. Hier sollte eine Präzisierung der vorgesehenen Regelung erwogen werden.
Die in § 36 Abs. 5 BLV-E vorgesehene Möglichkeit einer Verlängerung der Probezeit sollte ggf. präzisiert und eingegrenzt werden.
Der in § 59 Abs. 2 Satz 1 BLV-E enthaltene Verweis auf die „Funktionsebene“ dürfte den Vorgaben der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 – 2 C 21.16 – BVerwGE 157, 366 Rn. 43) nicht entsprechen.
Für den Vorstand des BDVR
Dr. Karoline Bülow
Berlin, den 25.10.2025